Mit den Prüfsystemen für Krane hat das Vredener Unternehmen erfolgreich eine Marktnische besetzt. „Durch die gesetzlichen Vorgaben benötigt jedes Industrieunternehmen mindestens einmal im Jahr verschiedene Prüfgewicht für seine Krane. Sich diese jedes Mal auszuleihen, ist aber mitunter eine Herausforderung für die Planung“, weiß Markus Tenwinkel, gemeinsam mit seinem Bruder Stefan Tenwinkel Geschäftsführer. Das passende Prüfsystem und ein freier Termin beim Prüfer sind zwei Bedingungen. Die dritte greift tiefer in die Betriebsabläufe ein: Produktion und Lager, in denen die Krane eingesetzt werden, müssen während dieser Zeit ruhen. „Diese drei Aspekte terminlich unter einen Hut zu bekommen, ist im alltäglichen Geschäft, bei dem es mehr denn je um effiziente und flexible Produktionsabläufe geht, nicht leicht. Daher haben viele Unternehmen mittlerweile für sich erkannt, dass es sinnvoller ist, eigene Prüfgeräte anzuschaffen, die sie dann flexibel ohne große Vorlaufzeit für eine Prüfung einsetzen können, wenn es ihre Produktionsauslastung zulässt“, erläutert Markus Tenwinkel.
Systeme nach dem Baukastenprinzip
Das Spektrum an Prüfsystemen, die Tenwinkel am Standort in Vreden fertigt, ist groß. Angefangen bei kleinen Prüfgewichten von fünf Kilogramm bis hin zu 165 Tonnen kann das Unternehmen für jeden Bedarf die passende Gewichtsklasse liefern. Die Systeme entwickelt Tenwinkel dabei nach dem Baukastenprinzip: Ein Kranprüfsystem besteht aus mehreren Beton-Platten, die je nach Anforderung an die zu prüfende Maschine über Steckbolzen miteinander kombinierbar sind und aufeinandergestapelt werden können. So können mit nur einem System jeweils mehrere Prüf-Gewichte abgebildet werden. Tenwinkel liefert die Systeme in drei verschiedenen Grundgrößen: in Europaletten-Größe von 0,8 Meter mal 1,20 Meter (für Prüfgewichte
von 5 bis circa 6.500 Kilogramm), 1 Meter mal 1,50 Meter (für Prüfgewichte zwischen 250 Kilogramm und 12 Tonnen) sowie 1,50 Meter mal 2 Meter (für Prüfgewichte zwischen 1.000 Kilogramm
und 165 Tonnen). „Die Systeme können bis 30 Tonnen mit einem Unterwagen geliefert werden, sodass ein müheloses Bewegen der Systeme mit einem kleinen Gabelstapler von 2,5 bis 4 Tonnen Traglast möglich ist“, erläutert Stefan Tenwinkel. Auch davon abweichende individuelle Anfertigungen sind dank der Produktion im eigenen Formenbau möglich.
Hallenkräne, aber auch Hebebühnen und Maschinen der Deutschen Bahn sowie Bergepanzer der Bundeswehr und der US Army werden so regelmäßig mit den Tenwinkel-„Schwergewichten“ auf ihre ordnungsgemäße Funktion getestet. „Früher reichte dafür oft auch eine Kiste mit schwerem Material, aber das ist heutzutage angesichts der strengen Vorschriften, Dokumentationspflichten und Prüfkriterien gar nicht mehr denkbar. Die Prüfgewichte müssen relativ genau sein – zulässig ist eine maximale Abweichung von plus 2,5 Prozent. Daher werden sie bei uns mit einer Waage kontrolliert gegossen. Unsere Prozesse sind dafür zertifiziert. Schließlich geht es hier um die Sicherheit von Mitarbeitenden und Produkten“, betont Stefan Tenwinkel. Auch wenn das Bewusstsein dafür bei den Industrieunternehmen steige, hätten das längst noch nicht alle Betriebe auf dem Schirm. „Wer hier keine Prüfung mit einem professionell gefertigten Prüfgewicht vorweisen kann, verstößt nicht nur gegen Sicherheitsvorschriften, sondern hat im Schadensfall auch ein großes Haftungsproblem“, warnt der Ingenieur.
Die Prüfgewichte sind seit über zehn Jahren fester Bestandteil des Portfolios von Tenwinkel. Den Anstoß dafür hat damals ein Kranprüfungsunternehmen gegeben, das bei dem Vredener Familienunternehmen ein Prüfsystem in Auftrag gab, mit dem es möglichst viele verschiedene Gewichtsklassen testen konnte. „So kam die Idee, ein modulares System zu entwickeln“, blickt Markus Tenwinkel zurück.
Gegengewichte für Traktoren
Dass die Vredener sich mit Schwergewichten aller Art auskennen, kommt nicht von ungefähr. Denn seit der Gründung des Unternehmens durch Vater Heinrich Tenwinkel im Jahr 1959 geht es um Kilos und Tonnen. Tenwinkel startete damals mit Ballastierungen als Gegengewichte für Front und Heck von Traktoren und landwirtschaftliche Maschinen, damit diese stabil bleiben – bis heute bildet dieser Bereich das Kerngeschäft des Unternehmens, das in diesem Segment Weltmarktführer ist. Hinzukommen der große Bereich der Baumaschinen sowie Betonballast-Lösungen für Windkraftanlagen und andere industrielle Anwendungen. Dafür hat Tenwinkel eine eigene Entwicklungs- und Konstruktionsabteilung aufgebaut, die stets an neuen Systemen tüftelt. „Wir arbeiten dabei mit Schwerbeton, der durch seine Dichte deutlich kompakter ist als herkömmlicher Beton. So können wir sehr schwere Gewichte auf vergleichsweise wenig Fläche abbilden – selbst tonnenschwere Gewichte bleiben so in gewisser Weise handlich“, beschreibt Markus Tenwinkel. Von der Anfertigung der passenden Form für die Gewichte über den Guss bis hin zur individuellen Lackierung übernimmt das Team dabei sämtliche Produktionsprozesse. Auch Spezialbeschichtungen, etwa staubarme, korrosionsbeständige Oberflächen für den Einsatz im Pharmabereich, gehören dazu. Die Gegen- und Prüfgewichte liefert Tenwinkel deutschlandweit, auch in europäische Nachbarländer sowie in die USA und nach Afrika wurde schon exportiert.
Innovationen entwickelt
Mit seinem speziellen Know-how erschließt das Tenwinkel-Team aus aktuell über 60 Mitarbeitenden auch immer wieder neue Nischen: Zuletzt entwickelten die Vredener unter anderem den Block Maxx, ein mobil einsetzbares und zertifiziertes System für den Terrorschutz, sowie den TW-Poller, ein Halleneckschutz, der als Anfahrschutz für Regenfallrohre, Einfahrten, Hallentore oder als Einlauf-Stopper für Tor-Anlagen dient. „Unser Team ist sehr innovativ unterwegs – wenn es keine passende Lösung gibt, dann erfinden wir sie eben“, bringt es Stefan Tenwinkel auf den Punkt.
Text Anja Wittenberg / Fotografie Anja Wittenberg, Tenwinkel